Badische Nachlese, Folge 1: Cantaloop wärmt sich auf
Eine der bislang längsten (und wohl auch intensivsten) Reisen in der Cantaloop-Geschichte ist vorbei. Der Mai 2018 führte uns zur Teilnahme am Deutschen Chorwettbewerb ins beschauliche Freiburg. Der Südwesten war Neuland für uns Nordlichter – und wir teilen unsere Erlebnisse nur zu gerne, mundgerecht in kleinen Stückchen, gewissermaßen als badische Nachlese und unseren ganz persönlichen Blick auf das Festival mit rund 5000 SängerInnen.
Rund 50 von ihnen besteigen am sehr frühen 5. Mai noch etwas schlaftrunken den ICE 72 in Richtung Chur. Das klingt ja fast wie Chor, schon mal ein gutes Zeichen. Die ganz Findigen haben sich bereits am Abend vorher in Altona einquartiert, um zumindest noch eine halbe Nacht schlafen zu können. Cantaloop vereint schließlich waschechte Ur-Hanseaten mit SängerInnen aus der Metropolregion bis hinauf nach Kiel, die kilometerlange Anreisen für jede Probe auf sich nehmen (und dafür sei an dieser Stelle einfach mal unser aller Hochachtung ausgesprochen!).
Während draußen das Weserbergland vorbeirauscht, wartet Philip mit kleinen, frisch- und selbstgebackenen Glücksengel-Keksen auf (siehe Foto). Was soll da noch schief gehen? (Danke für diese Wettbewerbs-Chorfahrt-Tradition!)
Am Freiburger Bahnhof komplettiert sich unsere Chorgemeinschaft um all jene, die aus beruflichen und privaten Gründen den Breisgau aus anderen Richtungen angesteuert haben. In Kolonne und gepäckbepackt marschieren wir zum zentralen Verkehrsknotenpunkt der Stadt, dem Bertoldsbrunnen. Das Hotel ist noch nicht eincheckbereit, Zeit für eine kleine Mittagspause. Wir erstehen Weckle, Flammkuchen und machen Bekanntschaft mit dem wohl besten Spaghetti-Eis der Stadt. Frisch gestärkt gehen wir die nächste Herausforderung an: Welches Ticket für die Straßenbahn soll es sein? Wir entscheiden uns für die 5-Personen-24-Stunden-Karte, die im Laufe der nächsten Tage Schwung in das Cantaloop-Sozialgefüge bringen wird. Bunt gemischte und sectionübergreifende Grüppchen würfeln sich zusammen und das Zitat „Wer hat noch Platz auf seinem Ticket?“ wird zur wohl am häufigsten gestellten Frage während unserer badischen Erlebnisreise. Komisch, dass niemand auf die Idee gekommen ist, die Gruppen in SAATB-Quintetten zusammenzustellen. Aber vermutlich wollen alle nun möglichst schnell für einen Powernap das Zimmer beziehen. Oder duschen- es ist tatsächlich so warm hier, wie alle immer sagen!
Unser Hotel versteckt sich zwischen Tankstellen und Autohäusern am Endpunkt der Linie 3 und verfügt über eine ausladende Rasenfläche. Auch dort funktioniert ein Kurzschlaf hervorragend, während unser Orga-Team den offensichtlich nicht ganz so einfachen Prozess der Zimmerzuteilung regelt.
Später machen wir uns auf den Weg zu unserer ersten Probe. Nach gefühlten tausend Telefonaten haben wir eine Kirchengemeinde kurzfristig dazu bewegen können, uns hierfür Obdach zu geben- an dieser Stelle herzlichen Dank für die unkomplizierte Aufnahme an die Gemeinde Heilige Familie in Mooswald! Andere Chöre haben dieses Glück nicht. Im Laufe der Tage hören wir von improvisierten Proben in Parks, Tiefgaragen und Unterführungen. Übungsräume scheinen in Freiburg rar gesät zu sein. Wir hingegen singen das erste Mal in einer Krypta unter (!) dem Gotteshaus.
Die Atmosphäre des Raumes setzt spontane Kreativität frei. Besonders für unseren neuesten Zuwachs im Cantaloop-Repertoire, „Chöre“ von Mark Forster (Arr. Franny Fuchs) entwickeln wir an diesem Nachmittag Bilder, die wir besonders gut dann abrufen können, wenn der Chorleiter seinen obersten Hemdknopf öffnet. (Der Rest ist zensiert, wir befinden uns schließlich in einer Kirche!). Emotional wird diese in jeder Hinsicht besondere Probe für den einen oder die andere von uns auch – und das ist auch gut so! Schließlich zeigt sich hier im besten Sinne, was wir mit unserer Musik erreichen wollen: Berühren. Und es bleibt ja alles in der Familie.
Wir fühlen uns auf jeden Fall bestärkt für unseren morgigen Auftritt im Wertungssingen – und machen uns, leicht fröstelnd (eine Krypta ist eben keine Sauna) auf den Weg in die Stadt, Essen fassen (oder vespern, wie der Badener sagen würde). Einige genießen die Aussicht auf Freiburg im Kastaniengarten, andere probieren Kässpätzle im „Schwarzen Kater“ und wieder andere fläzen sich, bestückt mit Asiabox und Radler in den Park und versuchen, die polternden Rapklänge aus dem Ghettoblaster der Nachbarn auszublenden.
Bleibt nur die Frage: Wie viele Loopies sind am ersten Tag eigentlich (versehentlich?) in die kleinen „Bächle“ getreten?
Freiburg, wir mögen Dich schon jetzt!